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Die Behandlung ausgedehnter thermomechanischer Kombinationstraumata nach Hochspannungsunfällen – Strategie und Limitationen
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Veröffentlicht: | 23. April 2012 |
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Einleitung: Die Planung des therapeutischen Vorgehens bei Patienten mit ausgedehneten thermomechnischen Kombinationstraumata bedarf einer besonderen Erfahrung. Neben der intensivmedizinischen Betreuung und der möglichst frühen Nekrosektomie sind zahlreiche medizinische und logistische Probleme zu lösen. Zusätzlich kommt der sozialen und psychologischen Betreuung des Patienten und seines Umfeldes eine entscheidende Bedeutung zu. Eine optimale Therapie ist nur unter Einsatz aller Ressourcen und des gesamten therapeutischen Armamentariums möglich.
Material und Methoden: Zwei Jungen (13 und 17 Jahre) erlitten beim Besteigen von Bahnwagons Hochspannungsunfälle. Die verbrannte Köperoberfläche betrug 93% bzw. 60%. Zusätzlich zur verbrannten Körperoberfläche bestanden die Herausforderungen in Schädelhirntraumata mit der Entwicklung von Hirndruck und von schichtübergreifenden Kalottendefekten mit freiliegender Dura. Trotz zunächst unsicherer Prognose wurde die Entscheidung zur Maximaltherapie gestellt. Innerhalb der ersten Woche wurden die Patienten frühtracheotomiert und nekrosektomiert. Nach der temporären Defektdeckung mittels allogener Haut wurde eine Defektdeckung unter Einsatz des gesamten therapeutisch-rekonstruktiven Spektrums notwendig. Hierbei wurden von Spalthauttransplantationen (Mesh/Meek), Dermisersatzverfahren, Keratinozytensheets und mikrovaskuläre Lappenplastiken eingesetzt.
Ergebnisse: Probleme bereitete v.a. die Volumenbilanzierung bei diesen thermomechanischen Kombinationsverletzungen. Bei einem Patienten wurde bei zunehmendem Hirndruck eine Dekompression und aufgrund eines abdominellen Kompartmentsyndroms eine Laparotomie notwendig. Bei dem jüngeren Patienten zeigte sich nach initial erfreulichem Verlauf die Defektdeckung problematisch. Im Unterschied zur transplantieren Spalthaut zeigte sich die Rekonstruktion mittels Keratinozyten-Sheets nicht stabil, sodass häufige Nachtransplantationen erfolgen mussten. Auch hochresistente Bakterien (ESBL-Pseudomonaden und MRSA) komplizierten den Verlauf. Trotz dieser Probleme konnte ein Patient nach 300 Tagen mit geschlossenen Wunden nach Hause entlassen werden, während sich der andere derzeit in der Phase der Rehabilitation befindet. Bei keinem trat ein bleibendes neurologisches Defizit auf.
Schlussfolgerung: Die beschriebenen Fälle zeigen, dass auch bei weitgehend optimaler Therapie medizinische und logistische Probleme auftreten, die nur unter dem Einsatz des gesamten rekonstruktiven und intensivmedizinischen Spektrums gelöst werden können. Ohne eine ausgeprägte Erfahrung mit entsprechenden Patienten wäre ein für Patient und Behandlungsteam zufriedenstellendes Ergebnis nicht möglich. Die Behandlung ist daher nur im interdisziplinären Verbund unterschiedlichster Berufsgruppen in ausgewählten Zentren möglich.