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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Global Health – vermittle es mit einem Comic!

Artikel Comics fürs Klima

  • corresponding author Andrea Praschinger - Medizinische Universität Wien, Teaching Center, Wien, Österreich
  • author Ruth Koblizek - Medizinische Universität Wien, Teaching Center, Wien, Österreich
  • author Ruth Kutalek - Medizinische Universität Wien, Zentrum für Public Health, Wien, Österreich
  • author Eva Katharina Masel - Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Klinische Abteilung für Palliativmedizin, Wien, Österreich

GMS J Med Educ 2023;40(3):Doc28

doi: 10.3205/zma001610, urn:nbn:de:0183-zma0016101

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2023-40/zma001610.shtml

Eingereicht: 23. März 2022
Überarbeitet: 2. September 2022
Angenommen: 23. November 2022
Veröffentlicht: 15. Mai 2023

© 2023 Praschinger et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Zielsetzung: Das Thema Global Health betrifft uns alle. Um dieses wichtige Forschungsfeld zu vermitteln, wurde an der Medizinischen Universität Wien anhand von Medical Comics eine Broschüre zu diesem Thema in zwei Sprachen herausgebracht.

Methodik: Medical Comics sind international etabliert, mit langer Geschichte in der Kommunikation von medizinischen Informationen und finden – eingebettet in die Dachorganisation der Graphic Medicine – großen Zuspruch und Anwendung.

Im Rahmen des Ausstellungsprojektes „Art-Action-Attitude/Körper“ wurde aus 6 Panelen in Zusammenarbeit mit einer Künstlerin und einer Grafikerin zum Thema „Global Health“ eine 12 Seiten umfassende Broschüre gestaltet.

Ergebnisse: Die Broschüre wurde bei der Ausstellung gratis zur Mitnahme aufgelegt, online gestellt, von der Künstlerin auf diversen Messen ausgeteilt und auf einer internationalen Tagung vorgestellt.

Resümee: Die Zusammenarbeit mit Professionistinnen (Renate Mowlam: Künstlerin; Bettina Jarosch: Grafikerin) hat sich in einem hochwertigen Produkt materialisiert, das Inhalte entsprechend klar und niederschwellig erklärt und bildlich unterstützt. Dabei wurden in 46 Bildern die Themen „Gesundheit als Menschenrecht“, „Global Health“ (Begriffserklärung und Beispiele) und „One Health“ (Begriffserklärung und Beispiele) beleuchtet. So konnten sich Lesende rasch zu diesem komplexen Thema informieren, darüber nachdenken und das eigene Verhalten reflektieren.

Schlüsselwörter: medizinische Comics, Lehre, globale Gesundheit, Kunst, Klimamedizin


Einleitung

Für die Kommunikation von Gesundheitsbegriffen stehen vielfältige Strategien zur Verfügung. An der Medizinischen Universität Wien wurde als neuer didaktischer Zugang für dieses Projekt im Jahr 2021 jener der Medical Comics gewählt (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Diese sind Teil der Graphic Medicine [https://www.graphicmedicine.org/], die sich als Schnittmenge von Comics und dem Gesundheitswesen versteht [1]. Beiträge werden online oder in gedruckter Form publiziert. Es besteht ein breites Angebot für Patient*innen, An- und Zugehörige, Studierende und medizinisches Personal.

Medical Comics sind historisch betrachtet seit Jahrzehnten in Verwendung, um Wissen zu vermitteln und die Bevölkerung zu informieren, wie ein Beispiel aus 1949 zur Syphilis zeigt [2]. Aktuell finden sich zahlreiche Initiativen, diese im medizinischen Bereich einzusetzen. An der Charité Berlin, Deutschland, wurde eine Aufklärungsbroschüre zum Thema Herzkatheter gestaltet [3], deren Effektivität im Rahmen einer Studie belegt wurde [4]. Auch in der Lehre zur Ausbildung von Medizinstudierenden finden Medical Comics Anwendung [5]. Als Beispiel für die Wissensvermittlung hinsichtlich Diagnose und Therapie einer Krankheit kann ein in mehreren Sprachen erschienenes Werk über die Bluterkrankung Thalassämie [6] angeführt werden.

Comics verstehen sich als visuelle Rhetorik. Ausdruck durch Zeichnung steht im Zentrum, ergänzt durch Wörter, Wortgruppen oder einzelne Sätze (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]). Sie erleichtern die Thematisierung von Unaussprechlichem und ermöglichen ein schrittweises Annähern an komplexe und schwer fassbare Themen. Comics erreichen auch Personen mit mangelnden Lesekompetenzen oder sprachlichen Barrieren.

Globale Gesundheit/Global Health beschäftigt sich mit der ungleichen Verteilung von Gesundheitsressourcen und deren Auswirkungen auf kollektiver und individueller Ebene. Die grundsätzlichen Überlegungen von Global Health basieren darauf, dass Gesundheit ein Menschenrecht ist und niemandem der Zugang zu einer optimalen Versorgung verwehrt werden darf. Damit einhergehende Rechte sind essentielle Informationen für jede und jeden. Im „One-Health“-Ansatz [7] werden darüber hinaus gesundheitliche Zusammenhänge an der Schnittstelle von Mensch, Tier und Umwelt berücksichtigt.


Projektbeschreibung

Ziel war es, das Thema Global Health für Personen ab dem Erwachsenenalter aufzuarbeiten und eine handliche, ansprechende Broschüre zu gestalten. Der Ablauf gliederte sich in sechs Arbeitsschritte:

1.
Konzeption und Daten/Information zusammenstellen: Prof. Dr. Ruth Kutalek, Public Health
2.
Briefing und Abstimmung mit Künstlerin: Prof. Dr. Ruth Kutalek, Public Health; Renate Mowlam, Künstlerin
3.
Transformierung der vorwiegend schriftlichen Daten/Informationen in Zeichnungen, sowie Feedback von Testlesenden: Renate Mowlam. Schriftliches und mündliches Feedback durch Mitarbeitende am Teaching Center aus verschiedenen Abteilungen (8 Personen)
4.
Übersetzung der Wörter/Wortgruppen/kurzen Sätze, Adaptation der Zeichnungen an die zweite Sprache: englisch native Übersetzerin
5.
Übergabe an Grafikerin für die Gestaltung einer druckfertigen Datei und Produktion: Renate Mowlam, Künstlerin; Bettina Jarosch, Grafikerin [https://www.confici.at/]
6.
Druck und Verteilung, Onlinestellung

Die Inhalte wurden in drei übergeordnete Themenbereiche sortiert:

1.
Gesundheit als Menschenrecht (Begriffserklärung)
2.
Global Health (Begriffserklärung, Krankenversicherung, Anzahl der Ärzt*innen, Müttersterblichkeit, Praxisbeispiele: Ebola und COVID-19-Impfung)
3.
One Health (Begriffserklärung, Beispiele: Zoonosen, Antibiotikaresistenzen)

Ergebnisse und Diskussion

Im November 2021 ist eine 12-seitige Broschüre (16 cm/16,5 cm) mit 46 Panelen bzw. alleinstehenden Zeichnungen entstanden. Die Zusammenarbeit mit Professionistinnen (Mowlam, Jarosch) hat sich in einem hochwertigen Produkt materialisiert, das die Inhalte klar und niederschwellig erklärt und bildlich unterstützt. Damit konnten Lesende sich rasch zu diesem komplexen Thema informieren, darüber nachdenken und das eigene Verhalten reflektieren.

Um eine breite Rezeption zu gewährleisten, wurde die Publikation auf die Homepage der Ausstellung [https://teachingcenter.meduniwien.ac.at/lehre-und-projekte/medical-comics-ausstellung/] gestellt, in Lehrveranstaltungen vom Zentrum für Public Health verwendet und in Veranstaltungen (z.B. Lange Nacht der Forschung) ausgeteilt. Die Kreation von zwei Versionen (deutsch und englisch) unterstützte und half, das Thema breit zu kommunizieren (u.a. auf der internationalen 34th Annual Conference of the Association for Anthropology and Medicine (AGEM) im Juni 2022 vorgestellt).

Die Entscheidung, Inhalte mittels Medical Comics in einem Druckwerk weg von der klassischen literarischen Form zu präsentieren, ist ob des positiven Feedbacks und dem weitgehenden Absatz der Hefte (Auflage 1.000 Stück) als sehr erfolgreich zu bewerten.


Danksagung

Gedankt sei der Medizinischen Universität Wien, speziell dem Teaching Center (Leiterin Univ.-Prof. Dr. Anahit Anvari-Pirsch), für die Förderung der Medical Comics Initiative [https://teachingcenter.meduniwien.ac.at/lehre-und-projekte/medical-comics-ausstellung/]. Weiter der Künstlerin Renate Mowlam [https://www.renatentwurf.at/] und der Grafikerin Bettina Jarosch [https://www.confici.at/].


Interessenkonflikt

Die Autorinnen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Czerwiec MK, Williams I, Squier SM, Green MJ, Myers KR, Smith ST. Graphic Medicine Manifesto. 1st ed. Pennsylvania: Penn State University Press; 2015.
2.
Kurtzman H. Lucky fights it through. 2011. Zugänglich unter/available from: https://raggedclaws.com/2011/11/15/look-here-read-lucky-fights-it-through-by-harvey-kurtzman/ Externer Link
3.
Brand A, Stangl V. Patient*innenaufklärung/Linksherzkatheter-Untersuchung und Röntgenkontrastuntersuchung der Herzkranzgefäße, gegebenenfalls mit Aufdehnung von Engstellen und Einsetzen einer Gefäßstütze. Berlin: Charité – Universitätsmedizin Berlin; 2016.
4.
Brand A, Gao L, Hamann A, Crayen C, Brand H, Squier SM, Stangl K, Kendel F, Stangl V. Medical Graphic Narratives to Improve Patient Comprehension and Periprocedural Anxiety Before Coronary Angiography and Percutaneous Coronary Intervention: A Randomized Trial. Ann Inter Med. 2019;170(8):579-581. DOI: 10.7326/M18-2976 Externer Link
5.
Masel EK, Adamidis F, Kitta A, Gruebl A, Useld M, Pavelka P, Watze HH, Zlabinger G, Praschinger A. Using medical comics to explore challenging everyday topics in medicine: lessons learned from teaching medical humanities. Ann Palliat Med. 2020;9(4):1841-1846. DOI: 10.21037/apm-20-261 Externer Link
6.
Eleftheriou, A. Thalassämie Bildergeschichte für Kinder. Alles über Thalassämie. Nikosia, Zypern: Thalassaemia International Federation; 2011. Zugänglich unter/available from: https://thalassaemia.org.cy/wp-content/uploads/2011/08/TIF-CARTOON-IN-GERMAN.pdf Externer Link
7.
Lerner H, Berg C. A Comparison of Three Holistic Approaches to Health: One Health, EcoHealth, and Planetary Health. Front Vet Sci. 2017;4:163. DOI: 10.3389/fvets.2017.00163 Externer Link