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30th Annual Meeting of the German Retina Society

German Retina Society

23.06. - 24.06.2017, Stuttgart

All inclusive: Einzeitige oder zweizeitige Versorgung bei schweren Bulbusverletzungen?

Meeting Abstract

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  • Wolfgang F. Schrader - Augenzentrum Würzburg

Retinologische Gesellschaft. 30. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft. Stuttgart, 23.-24.06.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17rg55

doi: 10.3205/17rg55, urn:nbn:de:0183-17rg554

Published: June 22, 2017

© 2017 Schrader.
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Die Versorgung schwerer bulbuseröffnender Verletzungen ist eine der anspruchvollsten chirurgischen Aufgaben, ähnelt sie doch „einer Reise durch unkartierte Landschaften“ (F. Kuhn), man muss immer mit Überraschungen rechnen und adäquat reagieren können. Einem Jahrzehnte erfahrenen Operateur wird dies nichts ausmachen, ein junger Operateur, der vielleicht nur in einem Bereich subspezialisiert ist, wird damit überfordert sein. Die Zahl bulbuseröffnender Verletzungen ist in den letzten Jahrzehnten in Deutschland stetig gesunken, 2013 bis auf 2/105. Laut Qualitätsberichten der Krankenhäuser (Stand 2015) werden nur in 50% der stationären Einrichtungen in Deutschland überhaupt Verletzungen stationär betreut, nur bei 18 Einrichtungen kann man davon ausgehen, dass monatlich mehr als zwei bulbuseröffnende Verletzung primär zu versorgen sind. Fallsammlungen aus Zentren, die sich mit schweren Augenverletzungen schwerpunktmäßig beschäftigen, zeigen seit 30 Jahren, dass der Zeitpunkt des Zweiteingriffs mit entscheidend für das anatomische und funktionelle Ergebnis bei Perforationen oder Berstungen mit Beteiligung von Strukturen hinter den Muskelansätzen ist. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Hinterabschnittsrekonstruktion ein- oder zweizeitig erfolgt [1]. Entscheidend ist vielmehr, ob die Rekonstruktion innerhalb von 100 Stunden nach der Verletzung erfolgt, so dass eine PVR-Reaktion verhindert werden kann [2], [3], und ob es gelingt, durch eine Retinochorioidektomie, jeglichen Narbenzug zwischen der Perforationsstelle und der angrenzenden Netzhaut zu verhindern [4]. Die mit dieser Operationstechnik erzielten anatomischen und funktionellen Ergebnisse sind weit besser, als der Ocular Trauma Score erwarten ließe, der sich empirisch auf die Daten des US Eye Injury Register stützt [5]. Die chirurgische Subspezialisierung innerhalb der Ophthalmologie und nahtlose Op-Techniken schaffen zunehmend Erfahrungsdefizite im Umgang mit schweren Verletzungen.

Dort, wo Kompetenz nicht (mehr) vorliegt, erscheint die Bildung von Netzwerken mit Kompetenzzentren sinnvoll, so dass in diesen Zentren die weitere Versorgung innerhalb der 100-Stundenfrist erfolgen kann. Dazu sollten möglichst Kommunikationskanälen auf dem kurzen Dienstweg etabliert werden. Der Überwindung der Erfahrungsdefizite und der Netzwerkbildung widmet sich die von Viestenz und Schrader neugegründete Arbeitsgemeinschaft Traumatologie der DOG.


Literatur

1.
Pröll D. Die Bedeutung des Operationszeitpunktes für die Prognose bei Berstungsverletzungen des Auges [Dissertation]. Würzburg: Universität; 2009.
2.
Ferreira N, Monteiro S, Meireles A, Kuhn F. Outcome of vitrectomy and chorioretinectomy in perforating eye injuries. Ophthalmic Res. 2015;53(4):200-6. DOI: 10.1159/000371494 External link
3.
Kuhn F, Schrader WF. Prophylactic chorioretinectomy for eye injuries with high proliferative-vitreoretinopathy risk. Clinical Anatomy. In print 2017.
4.
Kuhn F, Mester V, Morris R. A proactive treatment approach for eyes with perforating injury. Klin Monbl Augenheilkd. 2004 Aug;221(8):622-8. DOI: 10.1055/s-2004-813535 External link
5.
Kuhn F, ed. Ocular traumatology. Berlin: Springer; 2008.