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Identifikation von Visiten-Skripts bei Experten und Novizen – Erkenntnisse einer kontrastiven Analyse
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Published: | September 11, 2014 |
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Fragestellung/Einleitung: Visiten erhalten in der Lehre wenig Aufmerksamkeit, wenngleich Studierende und junge Ärzte Schwierigkeiten in Verständnis und Durchführung berichten [1], [2]. Um solche Defizite im Kontext von Visiten zu identifizieren, wurde das Skript-Konzept [3] genutzt. Ein Skript umfasst Wissen zu einer Situation, deren Phasen, Aktivitäten und Beteiligten [4]. Da Skripts erfahrungsabhängig sind, wird ein mit Expertise einhergehender Wissenszuwachs angenommen [5], [6]. Ziel dieser Studie ist die Identifikation von expertisebedingten Unterschieden in den Visiten-Skripts von Studierenden und ÄrztInnen im Verstehen von und Handeln in Visiten.
Methoden: Zur Abbildung der Visiten-Skripts wurden eine auf der Struktur-Lege-Technik [7] basierende Interviewstudie mit N=50 Studierenden und ÄrztInnen und eine Videostudie mit N=11 Visitenteams durchgeführt. Die Daten wurden bzgl. der Skriptkomponenten „Phasen“, „Aktivitäten“ und „Beteiligte“ [4] analysiert.
Ergebnisse: Mit der Interviewstudie konnten ein typischer Visitenablauf sowie typische Beteiligte identifiziert werden. Inhaltlich wurden am häufigsten medizinische (44%) und soziale (34%) Aktivitäten genannt, am seltensten lehrbezogene (4%). Lehrbezogene Aktivitäten (z.B. Abfragen) wurden am häufigsten von Experten und Novizen (6%) erwähnt, während Ärzte mittlerer Expertise diese seltener nannten (H(3)=9.55, p=.019). Einfache Aktivitäten (z.B. Cardex tragen), wurden häufiger von Studierenden genannt als von Ärzten (H(3)=9.735, p=.019).
Diskussion/Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der Interviewstudie insb. mit Blick auf die Visitenaktivitäten deuten auf einen expertisebedingten Wissensunterschied hin. Die Visite wird vor allem als medizinisch-soziale Situation wahrgenommen, in der Lehre nur wenig Raum hat. Dies scheint insbesondere für Personen mit geringer Expertise zuzutreffen. Diese nannten auffallend viele einfache Aktivitäten, die nicht zur Entwicklung visitenbezogenen Wissens beitragen. Die Prüfung der Konsistenz der Ergebnisse mit Visitenhandeln erfolgt mit der Auswertung der Videostudie. Erfahrungsbezogene Diskrepanzen werden für die Entwicklung einer Intervention genutzt.
Literatur
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