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Off-Label-Use – Kräfteviereck Arzt-Patient-Hersteller-GKV
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Published: | September 14, 2011 |
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1. Pflichten für den Arzt aus rechtlicher Sicht
Off-Label-Use im Rahmen der Therapiefreiheit grundsätzlich möglich.
Ärztliche Prüfkriterien:
- wissenschaftlich legitimiert,
- Aufklärung über Risiken, Nebenwirkungen, Erfolgsaussichten,
- Kostenübernahme.
Bei Unterlassung:
- Vorwurf der KV, unterlassene Hilfeleistung, Körperverletzung (evtl. sogar vorsätzlich),
- Vertragsverletzung Behandlungsvertrag - Patienten
2. Patientenanspruch
Kinder, Schwangere, Krebskranke, alte Menschen oft auf „Off-Label“-Verordnungen angewiesen.
Info Selbsthilfegruppen, Medienberichte, Erfahrungsaustausch, Arztkontakt.
Anstieg des Risikos von Nebenwirkungen bzw. von Unwirksamkeit.
Fazit: Verzicht auf Therapie oder Inkaufnahme möglicher Risiken und Kosten für den Patienten.
3. Absichten des Arzneimittelhersteller
Hersteller stellt Antrag auf die Zulassung des Arzneimittels.
Kriterien: Marktbreite, Patentlaufzeit, Generikaregelungen und Re-Import-Praktiken => bei marktengen Produkten, Arzneimittelhersteller fördern Umsatz durch steigenden Off-Label-Use, (keine Investitionen, keine Haftungsprobleme für Produzenten).
4. Leistungspflicht Gesetzliche Krankenkassen
Leistung gemäß SGB V definiert am allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dem medizinischen Fortschritt, der Wirksamkeit und der Wirtschaftlichkeit, oft Streitigkeiten.
Zukunftsvisionen:
Negative Anreize (fraglich, da Gefahr der weiteren „Überreglementierung“):
- 1.
- maximale Transparenz über Off-Label-Use-Fälle, z. B. durch Vergleich von Zahlen von Arzneimittelumsatz von Hersteller und Zahlen von On-Label-Verordnungen.
- 2.
- Verpflichtung der Pharmaunternehmen zum Antrag auf Neuzulassung bzw. zur Indikationserweiterung, wenn die Anzahl der Off-Label-Verordnungen den der On-Label erreicht.
- 3.
- Obligatorische Berichterstattung zu klinischen Studien zu Off-Label-Use z. B. durch die Pflicht zur Vorabregistrierung.
Positive Anreize (bevorzugt):
- 1.
- Ermöglichung eines vereinfachten Verfahren zur Zulassungserweiterung bzw. zur Neuzulassung bei einem bestimmten anteiligen Off-Label-Use-Niveau eines Arzneimittels.
- 2.
- Förderung von klinischen Arzneimittelstudien (Zulassungserweiterung bzw. Neuzulassung durch Änderung der Rahmenbedingungen mit begünstigenden Regelungen von Patentlaufzeiten, Schutzfristen, Vermarktungsrechten etc.)
- 3.
- Gründung eines gemeinsames Fonds der Pharmaunternehmen zur Arnzeimittelforschung
- 4.
- Erleichterung der beschleunigten (Fast-Treck) Zulassung bei Arzneimitteln für bestimmte Bereiche und Erkrankungen (z. B. Onkologie, Multiple Sklerose)
- 5.
- Förderung der Forschung/klinische Tests in Nischenbereichen (orphan drugs, bestimmte Patientengruppen).
Aktuelles:
Bis 01.01.2011 wurde für zehn Arzneimittel die Anwendung in einer Off-Label-Use-Indikation bewertet und deren Verordnungs- bzw. Nichtverordnungsfähigkeit in der Arzneimittelrichtlinie verankert.
Für Arzneimittel, für die es noch keine Entscheidungen gibt, gelten die BSG-Ausnahmeregelung (schwerwiegende Erkrankung, keine andere verfügbare Therapie, Aussicht auf Behandlungserfolg).