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Polypharmazie bei Patienten über 65 Jahren: Prävalenzschätzung potentiell risikoreicher Arzneistoffkombinationen
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Published: | February 12, 2008 |
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Hintergrund
Die Risiken der Polypharmazie insbesondere bei Patienten, die älter als 65 Jahre alt sind, rückten in den letzten Jahren in den Mittelpunkt des pharmako- epidemiologischen Forschungsinteresses. International ist hierzu ein Expertenstandard – „Beers List“ – erarbeitet worden.
Anhand von Abrechnungsdaten einer Brandenburger Apotheke gegenüber der Gesetzlichen Krankenversicherung soll die Prävalenz potentiell risikoreicher Arzneistoffkombinationen untersucht werden.
Methoden
Es wurden die Daten vom III.Quartal 2007 von 1427 Personen analysiert, die vor dem 31.06.1942 geboren worden sind. Nicht untersucht wurden Verordnungen auf Privatrezepten sowie Präparate der Selbstmedikation. Das durchschnittliche Alter betrug 75,3 (±7,1) Jahre; 61% der Stichprobe waren weibliche und 39% männliche Patienten.
Ergebnisse
- 1.
- Insgesamt erhielten 29,8% der Patienten 5 oder mehr verschiedene Arzneistoffe (AS) zur systemischen Anwendung verordnet, 4,2% der Patienten erhielten 9 oder mehr verschiedene AS.
- 2.
- Bei insgesamt 62 Patienten mit 10 oder mehr verschiedenen Arzneistoffen zeigten sich 2 schwere und 136 mittelschwere Wechselwirkungen (WW) (ABDA-Datenbank); das sind durchschnittlich 2,2 WW pro Patient. Die schweren WW betrafen die Kombinationen: ß-Sympathomimetika bzw. Theophyllin + nicht-kardioselektive ß-Blocker. Die häufigsten mittelschweren WW betrafen die Kombinationen: ß-Blocker + Insulin (29x), ACE-Hemmer + NSAP (14x), ß-Blocker + NSAP (13x), ACE-Hemmer + Allopurinol (11x).
- 3.
- Die Verordnungen wurden von durchschnittlich 1,83 Ärzten ausgestellt. Unterschiede in verschiedenen Altersschichten der Patienten traten nicht auf.
- 4.
- Folgende, von der „Beers List“ als potentiell risikoreich eingestufte Präparate, wurden abgerechnet: Indometacin für 21, Oxybutynin für 8, Amitriptylin für 13, Doxepin für 4, Diazepam (nur GKV) für 13, Promethazin für 1, Ticlopidin für 4, Fluoxetin für 1, Amiodaron für 2, Nifedipin (kurzwirksam) für 3 Personen.
Schlussfolgerung/Implikation
Die Daten zeigen, dass potentiell risikoreiche Arzneistoffkombinationen ein Problem in der Versorgung darstellen. Es scheint notwendig die Kriterien der “Beers List “ in einen deutschen Expertenstandard weiter zu entwickeln. Zu fordern wäre eine verstärkte Fortbildung von Ärzten, professionell Pflegenden und Apothekern sowie eine Vertiefung ihrer Zusammenarbeit.