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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Beobachtung und Analyse des Internetsuchverhaltens und der Internet-Navigationsstrategien von Krebspatienten

Meeting Abstract

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  • Lukas Lange - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg
  • Holger Schulz - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg
  • Christiane Bleich - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf205

doi: 10.3205/18dkvf205, urn:nbn:de:0183-18dkvf2052

Published: October 12, 2018

© 2018 Lange et al.
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Hintergrund: Die Prävalenz von Krebspatienten die von unerfülltem Informationsbedarf berichten, ist hoch. Das Internet gibt Krebspatienten die Möglichkeit ihren Informationsbedarf hinsichtlich Diagnose, Symptomen oder Therapiemöglichkeiten zu erfüllen.

Krebspatienten, die online nach Krebsinformationen suchen, sind tendenziell jünger und höher gebildet als diejenigen, die das Internet nicht nutzen. Sie werden aktiver in die medizinische Entscheidungsfindung einbezogen und haben eine bessere selbstberichtete Gesundheit. Darüber hinaus kann die Gesundheitsinformationssuche online die Beziehung zwischen Arzt und Patient, mit akuten oder chronischen Erkrankungen, verbessern, abhängig davon ob der Patient die Information mit dem Arzt diskutiert.

Um Krebspatienten in der Suche von Krebsinformationen zu unterstützen, ist es essentiell zu verstehen welche Navigationsstrategien die Patienten nutzen und Probleme und Herausforderung der Internetsuche zu identifizieren. Es existieren bereits eine kleine Zahl Studien, die das Internetsuchverhalten von gesunden Nutzern und Nutzern mit chronischen Krankheiten genauer analysierten. Die Resultate der Studien zeigen, dass die Teilnehmer meist ihre Suche auf der Seite einer Suchmaschine beginnen, nur einen Suchbegriff nutzen und häufig nur die ersten Treffer öffnen. Teilnehmer der Studien hatten mit Herausforderungen jeglicher Art zu kämpfen: wie z.B. Navigations- und Orientierungsprobleme, Hardwarenutzungsprobleme und Probleme mit der Bewertung und Auswahl von vertrauenswürdigen Inhalten.

Fragestellung: Ziel der Studie ist die Analyse des Internetsuchverhaltens von Krebspatienten mit jeglicher Krebsentität. Dabei sollen Navigationsstrategien und Nutzungsprobleme identifiziert werden.

Methode: Diese Studie verwendet ein qualitatives Studiendesign, um einen tieferen Einblick in das Verhalten und die Strategien der Patienten zu erhalten. Da ein großer Teil des Internetsuchverhaltens im Kopf stattfindet (Black Box), werden die Teilnehmer beobachtet und gebeten, laut zu denken (Think Aloud), während sie verschiedene Online-Aufgaben bearbeiten. Zusätzlich füllen die Patienten einen kurzen Fragebogen aus.

Die potentiellen Studienteilnehmer werden im Wartebereich von Polikliniken für die Studie rekrutiert. Die Einschlusskriterien für die Teilnahme sind: ≥ 18 Jahre; eine Krebsdiagnose; ausreichende mündliche und schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache. Der Termin der Studiendurchführung findet zu einem späteren Zeitpunkt statt. Die Patienten nutzen einen Laptop mit Internetverbindung um Krebsspezifische Suchaufgaben (z.B. Suche der Patientenrichtlinien ihrer Krebsentität) online zu bearbeiten.

Zur Beschreibung der Stichprobe werden soziodemografische Charakteristika (u.a. Alter, Bildung), medizinische Charakteristika (u.a. selbstwahrgenommen Gesundheitszustand) und Charakteristika der gesundheitsbezogenen Internetnutzung (u.a. Selbsteinschätzung der eigenen Internetfähigkeiten) deskriptiv dargestellt.

Das Ausführen der Suchaufgaben wird mit Hilfe der ‚Open Broadcaster Software‘ aufgezeichnet. Die entstehenden Audio- und Videodateien werden anschließend qualitativ ausgewertet. Alle Think-Aloud werden transkribiert und unabhängig von zwei Forschern kodiert und kategorisiert in Haupt- und Unterkategorien. Die Transkripte werden, wie von Van Waes (2000) vorgeschlagen aus zwei verschiedenen Perspektiven analysiert: Navigationsstrategien & Navigationsprobleme.

Ergebnisse/Diskussion: Bei der Studie handelt es sich um die Erste, die das Internetsuchverhalten von Krebspatienten qualitativ untersucht. Vorherige Studien fokussierten sich auf andere, zum Teil gesunde, Studienpopulationen und wurden teilweise vor 16 Jahre publiziert. Durch die weiter steigende Nutzung des Internets und neuer Medien, auch unter älteren Menschen, ist in Zukunft eine steigende eHealth Literacy in der Bevölkerung zu erwarten.

Die zu erwartenden Ergebnisse der Studie sind wahrscheinlich mit den Ergebnissen vorheriger Studien zu vergleichen, auch wenn es sich bei Krebspatienten um eine neue Studienpopulation handelt. Das erwartete Alter der Teilnehmer dieser Studie wird wahrscheinlich das Durchschnittsalter der oben beschriebenen Studien (52-74 Jahre) nicht überschreiten. Somit ist nicht zu erwarten, dass die Studienteilnehmer eine, mit hohem Alter korrelierte, niedrige eHealth Literacy berichten.

Mögliche zu erwartende Limitationen der Studie sind der hohe Zeitaufwand der mit dem Think Aloud Methode verbunden ist und die wahrscheinlich vermehrte Teilnahme von Patienten mit hoher eHealth Literacy.

Praktische Implikationen: Krebspatienten stehen vor einer riesigen Auswahl von, zum Teil qualitativ schwachen, Online-Informationsquellen. Um Patienten in ihrer Suche zu unterstützen, müssen zunächst Probleme der Internetsuche bestimmt werden. In weiteren Schritten ist eine Richtlinie für sichere und erfolgreiche Nutzung des Internets zur Unterstützung von Krebspatienten geplant.