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„Sammelst du schon oder wirfst du noch weg?“ – Aufbau und Etablierung eines Explantatregisters
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Published: | October 5, 2015 |
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Fragestellung: Durch den Anstieg an primären Gelenkersatzoperationen steigt auch die Zahl an Revisionseingriffen. Deutschlandweit kommt auf etwa jede siebte Primäroperation eine Revisionsoperation. Gemäß dem Medizinproduktegesetz ist das Explantat Eigentum des Patienten. Für den Umgang mit den anfallenden, nicht meldepflichtigen Explantaten gibt es derzeit keine klaren Leitlinien, lediglich Empfehlungen und Erfahrungsberichte einzelner Zentren.
Wir als universitäres und zertifiziertes Endoprothesenzentrum der Maximalversorgung sehen die Notwendigkeit, ein in den klinischen Alltag integrierbares Register aufzubauen, welches einerseits den rechtlichen Anforderungen im Umgang mit Explantaten entspricht und andererseits dem Bedarf an wissenschaftlichen und ggf. schadensanalytischen Untersuchungen gerecht wird.
Methodik: Es wurden Strukturen und Leitlinien zur Dokumentation und Asservierung von meldepflichtigen und nichtmeldepflichtigen Explantaten geschaffen und in das Qualitätsmanagementsystem integriert. Außerdem wurde ein Schadensbeauftragter benannt. Die Asservate werden materialgerecht in speziellen Verpackungen eingelagert, um eine Materialdegradation langfristig zu vermeiden. Durch die Integration des Explantatregisters in das Patientenmanagementsystem der Klinik (SAP) kann ein schneller Zugriff auf alle relevanten Daten gewährleistet werden, um die klinischen sowie die explantatbezogenen Daten unmittelbar für weitere wissenschaftliche Fragestellungen nutzen zu können.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Seit 01. Oktober 2013 werden alle ausgebauten Gelenkersatzprothesen im Explantatregister erfasst und nach Einverständniserklärung der Patienten asserviert. Bis dato liegen 368 Explantate vor, davon 195 Hüft- (53%), 120 Knie- (32%) und 48 Schulterprothesen (13%). Die restlichen Explantate setzen sich aus OSG-, Finger- und Ellenbogenprothesen zusammen (Abb. 1). Seitens der Patienten bestand hierbei eine große Bereitschaft zur Aufnahme ins Explantatregister. Lediglich neun der Patienten (2,5%) wünschten eine Aushändigung ihres Explantates.
An wissenschaftlichen Fragestellungen wurde zum einen untersucht, inwieweit es zum Verschleiß an Hemi-Prothesen der Schulter kommt und dieser mit der Implantationsdauer und weiteren klinischen Parameter korreliert. Zum anderen wurde analysiert, ob bei Kniegelenksprothesen eine Achsabweichung den Polyethylenverschleiß beeinflusst und ob zulassungsrelevante Laboruntersuchungen das klinische Bild wiederspiegeln, welches sich an den Explantaten zeigt.
Kliniken stehen heute vor der Herausforderung, dass sie Algorithmen für den Umgang mit Explantaten einführen müssen. Die Dokumentation über den Verbleib eines Explantates liegt in der Verantwortung der Klinik und kann von forensischer Bedeutung sein. Die Etablierung eines hauseigenen Registers und einer Explantatasservierung sowie die Integration in das Patientenmanagementsystem bietet hierbei eine adäquate Lösung mit dem Vorteil, dass sich die Daten auch unmittelbar für wissenschaftliche Fragestellungen nutzen lassen.