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Risiko der medialen Gelenküberlastung nach Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligaments (MPFL)
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Published: | October 15, 2009 |
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Fragestellung: In dieser Studie sollte geklärt werden, wie die Gelenkbiomechanik bei wichtigen Alltagsaktivitäten von der Vorspannung des Transplantats nach MPFL Rekonstruktion abhängt, insbesondere hinsichtlich des Risikos einer medialen Gelenküberlastung.
Methodik: An 6 Kadaverknien wurde die Quadriceps- und Hüftbeugemuskulatur separiert und an 4 einzeln ansteuerbaren Zügen die Muskelkräfte für 9 Belastungszustände (5 fürs Gehen, 4 fürs Treppensteigen, Knieflexion 12°– 57°) appliziert. Druck, Kontaktfläche und Position des Druckzentrums (CoF) wurden mit einer Druckmessfolie bestimmt. Die Messung erfolgte primär im intakten Zustand und wurde nach Durchtrennung des medialen patellofemoralen Komplexes wiederholt. Das MPFL wurde bei 30° Kniebeugung in Doppelbündeltechnik mit Gracilissehne nach Identifikation des isometrischen Insertionspunktes anatomisch rekonstruiert und die Messungen wiederholt. Die Transplantatvorspannung wurde dabei mit einem Dynamometer registriert. Die Vorspannung wurde dann im Sinne einer "high tension" (HT) Rekonstruktion um 10 N erhöht und eine weitere Testreihe durchgeführt. Zur statistischen Auswertung wurde ein Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test für gepaarte Stichproben verwendet.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Der mittlere Druck unterschied sich in keinem Belastungszustand, weder nach medialer Durchtrennung (p≥0,058), noch nach anatomischer (p≥0,249) oder HT Rekonstruktion (p≥0,116) signifikant vom Druck im intakten Gelenk. Nach medialer Durchtrennung minderte sich die Kontaktfläche in 6 von 9 Belastungszuständen signifikant (p≤0,046). Strecknah (12° Beugung) zeigte sich zudem eine Lateralisierung des CoF (p≤0,046). Sowohl die anatomische (p≥0,225) als auch die HT Rekonstruktion (p≥0,249) normalisierten die Kontaktfläche. Die Lateralisierung des CoF nach medialer Durchtrennung wurde nach anatomischer Rekonstruktion ebenfalls normalisiert, in 2 Lastzuständen jedoch leicht nach medial überkorrigiert (p≤0,046). Im Falle der HT Rekonstruktion kam es dagegen, verglichen zum intakten Gelenk, sogar für 6 der 9 Belastungszustände zu einer signifikanten Medialisierung des CoF (p=0,028).
Während beide Varianten der MPFL Rekonstruktion zur Annäherung an die Biomechanik des intakten Gelenkes führten, war die HT Rekonstruktion mit einer deutlichen Medialisierung des CoF verbunden. Diese Medialisierung des CoF wurde nicht nur extensionsnah (12°) festgestellt, wo nach medialer Durchtrennung zunächst eine Lateralisierung vorhanden war, sondern auch für die Belastungszustände mit mehr als 39° Beugung, wo es nach medialer Durchtrennung zunächst zu keiner Verlagerung des CoF kam. Während der mittlere Druck nach HT MPFL Rekonstruktion nicht signifikant verändert war, birgt die Medialisierung des CoF das Risiko einer medialen Überlastung beim Laufen und Treppensteigen. Die Ergebnisse unterstreichen das potentielle Risiko einer Überlastung des patellofemoralen Gelenks, wenn bei der MPFL Rekonstruktion die anatomischen Verhältnisse intraoperativ nicht adäquat berücksichtigt werden.