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Ein Computermodel kann die verzögerte Frakturheilung bei interfragmentärer Scherbewegung gegenüber axialer Bewegung erklären
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Published: | October 19, 2004 |
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Fragestellung
Verlauf und Erfolg der Frakturheilung werden durch die mechanische Stabilität der Fixation stark beeinflusst. Es ist jedoch noch unklar wie sich unterschiedliche interfragmentäre Bewegungsrichtungen auf die Heilung auswirken. Ein Tierexperiment am Schaf [1] hat gezeigt, dass eine interfragmentäre Scherbewegung (1,5 mm) gegenüber einer axialen Bewegung (1,5 mm) zu einer Verzögerung der Heilung führt. Dieser Effekt könnte durch die unterschiedlichen Qualitäten der lokalen Dehnungsreize im Kallusgewebe erklärt werden. Um diese Hypothese zu überprüfen sollte ein bestehendes Computermodell eine dreidimensionale Erweiterung erfahren, um so den Heilungsprozess auch unter nicht-rotationssymmetrischen Lasten (Scherung) simulieren zu können.
Methoden
Unter Verwendung der Methode der Finiten Elemente (FE) und der Fuzzy Logic wurde der Heilungsprozess in einem iterativen Ablauf über der Zeit simuliert. Das 3D FE-Modell beschrieb die standardisierte Geometrie einer diaphysären Osteotomie an der Schafstibia. In jedem Zeitschritt (= ein Tag) berechnete das FE-Modell die lokalen Dehnungsreize (Volumen- und Gestaltänderung) im Heilungsgebiet. Diese Dehnungsinvarianten zusammen mit der aktuellen Gewebezusammensetzung (Bindegewebs-, Knorpel- und Knochenanteil) sowie dem lokalen Durchblutungszustand waren die Eingangsgrößen eines Fuzzy-Reglers. Ein Satz von Fuzzy-Regeln beschrieb die Revaskularisierung, die desmale und enchondrale Ossifikation sowie die Knorpelbildung und -kalzifizierung.
Ergebnisse
Die Scherbewegung führte zu deutlich geringeren Volumenänderungen als die axiale Bewegung (Scherung: -0,85%, axial: 18%, interkortikal, Tag 1). Entsprechend zum Tierexperiment zeigte das Modell eine verzögerte Heilung bei Scherung. So trat eine knöcherne Überbrückung erst am 46., bei axialer Bewegung dagegen bereits am 39. Heilungstag auf. Korrespondierend zu histologischen Ergebnissen zeigte die Scherbewegung einen asymmetrischen Heilungsverlauf mit weniger Knorpel und mehr Bindegewebe in der Frakturspalt-Ebene.
Schlussfolgerungen
Das Computermodell war in der Lage den Heilungsverlauf für die beiden Gruppen vorherzusagen und gestattete dabei einen Blick auf die lokalen mechanischen Reize. Die Ergebnisse erlauben die folgende Erklärung für die beobachtete Heilungsverzögerung: Scherung führt zu geringeren Volumendilatationen und damit zu weniger Knorpelgewebe, da die Volumendilatation (hydrostatische Kompression) als spezifischer Bildungsreiz für Knorpel gilt. Im weiteren Verlauf entsteht ein nachgiebigerer Heilungsspalt mit einem geringere Knorpelanteil. Dies führt zu größeren Gestaltänderungen, die ihrerseits die Knochenneubildung und damit die Heilung verzögern.
Die Gültigkeit des Computermodells muss für klinische Fälle noch bestätigt werden. Dann kann das Modell wertvolle Hilfe bei der Optimierung von Frakturbehandlungsmethoden liefern.