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Schätzung der Arzneimittelwirksamkeit (efficacy/effectiveness) bei Vorliegen von Non-Compliance und fehlenden Werten
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Veröffentlicht: | 4. September 2014 |
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Einleitung: Im Rahmen klinischer Studien zur Arzneimittelwirksamkeit stellen Non-Compliance – das Nicht-Befolgen der zugewiesenen Behandlung – und die daraus oft resultierenden fehlenden Daten ein Problem dar, das die Wirksamkeitsbewertung erheblich erschweren kann. Non-Compliance umfasst jegliche Art von Protokollverletzungen, wie zum Beispiel das Wechseln oder Absetzen der vorgesehenen Behandlung, und erfordert eine Unterscheidung zwischen der idealen Wirksamkeit (efficacy), die sich ergeben würde, falls alle Patienten das Medikament wie vorgeschrieben eingenommen hätten, und der Wirksamkeit unter realen Bedingungen (effectiveness). Entsprechend der Rahmenbedingungen könnten viele Patienten, die von der vorgeschriebenen Behandlung abweichen, dennoch weiter beobachtet werden. Diese oft als retrieved data bezeichneten Beobachtungen können insbesondere für die Einschätzung der effectiveness wesentlich sein.
Methoden: Studien für neuropsychiatrische Erkrankungen, wie Depression oder Schizophrenie, weisen oft einen sehr hohen Anteil an von der zugewiesenen Behandlung abweichenden Patienten auf. Unter der Annahme, dass ein Teil dieser Patienten trotz ihrer Non-Compliance weiter beobachtet wurden, vergleichen wir unterschiedliche statistische Methoden, diese nachverfolgten Daten in die Schätzung der efficacy beziehungsweise effectiveness einzubeziehen, bezüglich ihrer Validität und Effizienz.
Die für longitudinale Daten oft verwendeten gemischten Modelle (MMRM) werden stückweise linearen gemischten Modellen, die unterschiedliche Profile und Behandlungseffekte während Compliance und während Non-Compliance annehmen, gegenübergestellt [1].
Zu beachten ist, dass in Abhängigkeit von den Daten, die in eine MMRM-Analyse aufgenommen werden (inklusive oder exklusive retrieved data), die Auswertung entweder auf die Beurteilung der efficacy oder der effectiveness abzielt.
Ergebnisse: Es zeigt sich, dass es zur Vermeidung relevanter Verzerrungen von entscheidender Bedeutung für die Schätzung der effectiveness ist, nach Protokollverletzung gesammelte Daten mit in die Auswertung einzubeziehen und die bisher oft verwendeten MMRMs, die retrieved data mit einbeziehen, nur sehr eingeschränkt zur Bewertung der effectiveness geeignet sind, da sie in realistischen Szenarien stark verzerrte Schätzer liefern. Im Gegensatz dazu ist ein MMRM, in dem weiterbeobachtete Daten von der Auswertung ausgeschlossen werden, in vielen Situationen eine geeignete Strategie zur Schätzung der idealen Wirksamkeit (efficacy).
Schlussfolgerung: Es ist wesentlich, zwischen idealer und realer Wirksamkeit zu unterscheiden und das genaue Ziel einer Studie bezüglich des Wirksamkeitsschätzers festzulegen, damit eine geeignete statistische Methode ausgewählt wird und entsprechend Maßnahmen zur Weiterverfolgung von Patienten auch nach Non-Compliance getroffen werden können.