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Professionalisierung in Pflege und Hausarztmedizin nebeneinander, gegeneinander und ohne die Basis - eine beidseitige Nestbeschmutzung
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Veröffentlicht: | 12. Februar 2008 |
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Gliederung
Text
Hintergrund
Das Gutachten des Sachverständigenrates [1] sieht Mängel und drohende Engpässe in der Primärversorgung und fordert daher eine Neuverteilung der Aufgaben. Ein Umdenken vom bisherigen ‚Nebeneinander' zu einem ‚Miteinander' ist notwendig. Für die Realisierung dieses Anspruchs leitet sich daher die Frage ab: Welche Berufsgruppen sollen welche Aufgaben übernehmen? Die Frage war Ausgangspunkt einer interdisziplinären Arbeitsgruppe.
Methoden
Mittels mehrerer interdisziplinären Arbeitsgruppen wurde die Frage über vier Sitzungen (ca. 60 Minuten) diskutiert und dabei zentrale Konzepte, die eine Beantwortung der oben genannten Frage überlagern, herausgearbeitet.
Ergebnisse
1) Die Aufgabenverteilung und damit auch die Ressourcenverteilung wird durch ein professionstheoretisches Kalkül überlagert. Eine Beantwortung der oben gestellten Fragen auf der Grundlage von realen Kompetenzen, Motivationen und Strukturen findet hingegen kaum statt.
2) Die Beschäftigung mit der eigenen Profession verstellt den Blick auf die „best practice“-Ansätze des Anderen. Beispielhaft wird die Nutzung der Pflegeplanung genannt, die bei den Ärzten keine Entsprechung findet. Ärztliches Handeln scheint – im Gegensatz zur Pflege – ungeplant und nicht zielgerichtet evaluiert zu werden.
3) Eine Annäherung zwischen Ärzten und beruflich Pflegenden muss auf zwei Ebenen gesucht werden: Im wissenschaftlichen Kontext und auf der praktischen Handlungsebene. Beide Disziplinen beklagen eine unzureichende Evidenzbasierung der Versorgung in der Praxis: Die Pflegewissenschaft ertränkt ihre Basis im Qualitätsmanagement. Die ärztliche Basis erträgt Qualitätsmanagement als administrative Kränkung.
Schlussfolgerung/Implikation
Die Schnittstelle zwischen akademischem und praktisch tätigem Bereich trägt ihren Namen zu Recht. Es handelt sich um eine offene Wunde. Professionstheoretische Überlegungen, die gerade durch das Gutachten des SVR weiter vorangetrieben werden, sind wesentliche Ursachen für eine Wundheilungsstörung. Der Vortrag legt provokativ den Finger in diese Wunde. Ausgehend von den Ergebnissen der Arbeitsgruppe werden Gründe für die fehlende Annäherung auf wissenschaftlicher und praktischer Seite dargestellt. Voraussetzung für eine Lösung kann nur ein nachhaltiger Dialog sein. Mit der Gründung des „Heidelberger Dialog Primärversorgung“ wird eine erste Plattform zur zielorientierten Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher Ebene vorgestellt. Ein derartig geführter Diskurs kann Anregung für andere Berieche sein.