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Schadet die frühe präoperative Wegnahme von Hörgeräten schwerhörigen Patienten?
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Veröffentlicht: | 12. Februar 2008 |
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Hintergrund
Aufgrund vorgegebener Standards ist es in Kliniken üblich, dass Patienten vor ihrem Transport in den OP alle Hilfsmittel auf der Station ablegen müssen. Erfahrungen von OP-Personal lassen vermuten, dass Schwerhörige, die durch die Wegnahme ihrer Hilfsmittel in ihrer Kommunikationsfähigkeit stark eingeschränkt werden, ängstlicher sind. Bisherige Studien zu perioperativem Stress und Angst weisen nach, dass Ängstliche mehr Medikamente für die Narkose benötigen, mehr Komplikationen erleiden u. eine längere postop. Verweildauer im Krankenhaus haben. Deshalb wurde geprüft, welche Wirkung die Wegnahme der Hörgeräte (HG) auf die Angst der Schwerhörigen hat.
Methoden
Nach posit. Ethikvotum u. Pat-Zustimmung wurden in die random. klin. Studie 80 Hörgeräteträger aufgenommen, die sich in Vollnarkose einem allgemein- oder unfallchir. Eingriff am Klinikum Stuttgart unterzogen. Ausschlusskrit.: Desorientiertheit, mangelnde Deutschkenntnisse. Die Pat. wurden zu 2 Gruppen zugeteilt, die entweder ihr Hörgerät am OP-Tag bis zur Narkoseeinleitung benutzten oder es dem Standard entsprechend nicht verwendeten, stratifiziert nach Gabe oder Verzicht auf ein Prämedikationsmittel (Dormicum®). Für Angst- und Stressverlauf, wurden bei der Krankenhausaufnahme (t1) und präoperativ vor Narkoseeinleitung (t2) Daten erhoben. Zur Angsterfassung füllten Patienten das STAI [1] aus, daneben wurden Kreislauf- u. Laborparameter erfasst.
Ergebnisse
Im multivariaten Test ergeben sich wesentl. Unterschiede zwischen den Gruppen: In der Gr, die ohne HG in den OP kommt, steigt die Angst von der Krankenh.-Aufnahme im Mittel von 40,9 (SF=1,5) auf 44,6 Punkte (SF=1,7) zum Zeitpunkt unmittelbar vor dem Narkosebeginn. In der Gruppe mit HG sinkt die Angst von 40,6 auf 39,8 Punkte. Der Gruppenunterschied ist sign. (p=0,009). Beim syst. Blutdruck zeigen sich hoch sign. Unterschiede zw. den Gruppen (p<0,001): Ohne HG steigt er von 131 auf 160 mmHg (SF=2,2/3,1), in der Interventionsgr. von 132 auf nur 140 mmHg. Bei den FFS lässt sich der Unterschied mit p=0,10 sichern. Zwischen prämed. u. nicht prämed. Patienten gibt es keine signif. Unterschiede.
Schlussfolgerung/Implikation
Patienten die eine Prämedikation am OP-Morgen bekommen, sollten ihr Hörgerät präoperativ tragen. Damit wird die größte Angstreduktion erzielt. Prämedizierte Patienten, die ihr HG nicht tragen, also dem gültigen Standard entsprechend versorgt sind, erfahren den höchsten Stressanstieg. Die Ergebnisse der Studie werden in einen evidenzbasierter Standard münden.
Literatur
- 1.
- Laux L, Glanzmann P, Schaffner P, Spielberger CD. Das State-Trait-Angst-Inventar (STAI): Theoretische Grundlagen und Handlungsanweisung. Weinheim: Belz; 1981
- 2.
- Horbach A. Is any damage inflicted on patients with hearing aids by applying the common presurgical preparation standards? EORNA-Congress, Dublin, 25. – 28. May 2006
- 3.
- Bundesministerium für Gesundheit. Leitfaden zur Einführung von Qualitätssicherung pflegerischer Arbeit im Operationsdienst. BMG Schriftenreihe, Band 83. Baden-Baden: Nomos; 1997