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Case Report: Fixateur-gesteuerter Bone-Transport nach kurativer und gelenkerhaltender Resektion eines parossalen Osteosarkoms der diaphysären Tibia mit Ausgleich der resultierenden Beinlängendifferenz durch Femurkallotasis über Verlängerungsmarknagel
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2010 |
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Fragestellung: Das parossale Osteosarkom (pOS) ist ein seltener maligner knochenbildender Tumor, der in etwa 15% der Fälle im Bereich der proximalen Tibia lokalisiert ist. Die Therapie besteht aus weiter Tumorresektion. Ist eine Amputation vermeidbar, werden häufig Tumorprothesen oder Auto- bzw. Allografts zur Rekonstruktion des knöchernen Defektes eingesetzt. Alternativ kann in bestimmten Fällen ein Fixateur-gesteuerter Bone-Transport (BT) durchgeführt werden. Wir berichten über den Fall eines jungen, männlichen Patienten mit tibialem pOS, der mit letztgenannter Prozedur kurativ versorgt wurde.
Methodik: Nach bioptischer Sicherung eines niedrigmalignen pOS der linken proximalen Tibiadiaphyse wurde im Alter von 15 J. eine weite Tumorrresektion (13 cm) unter Schonung der Epiphysenfuge durchgeführt. Bei externer Fixation mittels TSF® erfolgte der BT über ein Seilzugsystem nach Weber. Nach Defektüberbrückung durch Kallotasis wurde eine Docking-OP mit Spongiosaplastik durchgeführt. Bei stabiler Konsolidierung wurde der Patient nach Fixateur-Demontage regelmäßig klinisch-radiologisch evaluiert. Schwierigkeiten wurden nach Paley in Probleme, Hindernisse und Komplikationen eingeteilt.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Die Transportstrecke maß 11 cm. Die Transportzeit lag bei 341d, die Konsolidierungsphase bei 106d. Der Knochenheilungsindex (Paley) betrug 41,5 d/cm bei einer Transportgeschwindigkeit von 0,32 mm/d. Unter Fixateurbehandlung traten Probleme in Form von Pininfekten sowie 4 Hindernisse (Aufspreizung nach Längsosteotomie bei schmalem Regenerat; Reosteotomie bei vorzeitiger Konsolidierung durch Drahtdislokation; Gips bei MHK-V-Fraktur links durch Sturz; zunächst Fixateur-übergreifender Gips und später plattenosteosynthetische Versorgung bei distaler Femurfraktur links durch erneuten Sturz) auf. Als Komplikation fand sich eine Beinverkürzung links von 4,5 cm bei Skelettreife. Ein Beinlängenausgleich konnte durch Femurkallotasis mittels ISKD® erreicht werden. Während der Beobachtungszeit von insgesamt 3 1/2 J. ergab sich kein Anhalt für Lokalrezidiv oder Metastasierung. Bei letzter Vorstellung im Alter von 18 J. bestand Beschwerdefreiheit ohne relevante funktionelle Defizite.
Der Fixateur-gesteuerter BT ist eine langwierige und komplikationsträchtige Methode, die ein hohes Maß an Compliance erforderlich macht. Jedoch bietet sie auch bei malignen Knochentumoren eine anatomische und funktionelle Rekonstruktionsmöglichkeit. Im Gegensatz zur Allograft-Interposition birgt körpereigener Knochen nicht das Risiko von viralen Infektionen oder Abstoßungsreaktionen und gewährleistet eine langfristige Belastungsstabilität. Im Vergleich zu Endoprothesen und internen Implantaten bestehen keine Risiken des Materialversagens und geringere Raten bakterieller Infektionen. Aufgrund der hohen Anforderungen sowie der relativ risikoreichen Prozedur sollte das vorgestellte Verfahren abhängig von individuellen Parametern wie Tumorlage, adjuvanter Therapie, Komorbidität und Patientenalter ausgewählten Indikationen vorbehalten bleiben.