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Individueller Heilversuch mit Tocilizumab (TCZ) zur Retherapie bei systemischer Sklerose. Erfolgreiche Genehmigung durch die GKV
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Veröffentlicht: | 1. September 2015 |
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Einleitung: Die pharmakologische Therapie der sogenannten „seltenen Erkrankungen“, z.B. der systemischen Sklerose, stellt den Rheumatologen vor Probleme. Zugelassene Therapien und Leitlinien fehlen weitestgehend, medikamentöse Therapie stellt oft eine Behandlung außerhalb der Zulassung („off-label-use“) dar. Ein Antrag auf Kostenübernahme durch die GKV im Rahmen eines „off-label-use“ ist aufwendig und führt in den meisten Fällen nicht zum gewünschten Ergebnis.
Fallbericht: Diagnose einer systemischen Sklerose bei einer 42jährigen Patientin (SCL 70 AK +, Sklerodaktylie, Serositis, Raynaud-Phänomen, Akroosteolysen, Mikroalbuminurie und kapillarmikroskopisches „active scleroderma pattern“) in 09/2011.
Die Patientin entschied sich im Mai 2012 zur Teilnahme an der klinischen Phase III Studie, FASSCINATE, NCT01532869. Primärer Endpunkt dieser Studie ist die Veränderung des anfänglichen mRSS Wertes im Studienverlauf (Studie läuft noch).
Es erfolgte zunächst bis Woche 48 doppelblind die Therapie mit TCZ s.c 162 mg wöchentlich oder Placebo, ab Woche 49 open-label mit TCZ s.c., letzte Gabe erfolgte 05/2014. Der mRSS-Wert sank von 24 bei Screening auf 13 (Woche 96), Verbesserung der Lebensqualität und Funktionalität in allen Assessments zum „patient related outcome“, Rückgang der Proteinurie, keine Verschlechterung der pulmonalen Funktion, keine digitalen Ulzerationen, keine Arthritiden und keine neuen Tendon friction rubs.
4 Monate nach Studienende Anstieg des mRSS (21), Abnahme der Leistungsfähigkeit, symmetrische Arthritiden und Zunahme der Akroosteolysen. Die Arbeitsfähigkeit der Patientin war dauerhaft gefährdet.
Aufgrund des guten Primäransprechens wurde 10/2014 ein Antrag auf „off-label-use“ von TCZ s.c. bei der GKV gestellt.
Neben der Darlegung des objektivierten klinischen Verlaufs, der funktionellen und funktionalen Einschränkungen und weitreichenden Auswirkungen auf Physis und Psyche der Patientin, erfolgte eine dezidierte Erörterung der Therapierationale unter Darstellung der aktuellen Datenlage.
Hierbei wurde insbesondere Bezug genommen auf Übersichtsartikel zum „off-label-use“ bei Autoimmunerkrankungen und dem besonderen Impact von IL-6 als therapeutischem Target für SSc.
Verlauf: Genehmigung des individuellen Heilversuches 12/2014, seit 01/2015 Retherapie mit RoActemra 162 mg/s.c./wöchentlich. Reevaluation 04/2015: Verbesserung des Allgemeinzustandes, keine Arthritiden, Verbesserung der Lungenfunktion, mRSS rückläufig (18).
Conclusio: Eine gute Datenqualität in klinischen Prüfungen und wissenschaftlichen Arbeiten kann sowohl für die eigene Entscheidungsfindung als auch für die Darlegung der Rationalen für einen individuellen Heilversuch gegenüber den Kostenträgern hilfreich sein. Dieser kann, wie im hier vorgestellten Fall, dann auch durch die GKV genehmigt werden.