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Analyse und mögliche Konsequenzen positiver Absetzungsränder (R1) bei Adenokarzinomen des oberen Gastrointestinaltraktes
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Veröffentlicht: | 24. April 2015 |
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Einleitung: Die Angaben in der Literatur zur Inzidenz von R1-Resektionen bei Adenokarzinomen (AC) des oberen Gastrointestinaltraktes (OGI) variieren von 0,5 bis 20%. Bisherige Studienergebnisse basieren meist auf primär resezierten Patientenkollektiven.
Ziel dieser retrospektiven Studie war es, R1-Resektionen bei AC des OGI sowohl nach primärer Operation (OP) als auch nach neoadjuvanter Chemotherapie (CTx) mit anschließender Resektion in Hinblick auf Häufigkeit, Lokalisation, klinikopathologische Faktoren, Therapie, Progressionsrate, und -muster sowie Prognose zu analysieren.
Material und Methoden: Von 2001–2014 erfolgte in der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg bei 599 Patienten mit primärem AC des OGI (127 AEGI, 157 AEGII, 43 AEGIII, 272 AC Magen) ohne Fernmetastasierung (M0) primär (n=362) oder nach neoadjuvanter CTx (n=237) eine R0- (n=530) oder R1-Resektion (n=69). Qualitative Merkmale wurden mittels χ2-Test verglichen. Überlebensanalysen erfolgten nach Kaplan-Meier (log-rank).
Ergebnisse: Die R1-Resektionsrate lag bei 11,5% (AEGI 13,4%; AEGII 14,6%; AEGIII 11,6%; AC Magen 8,8%; p=0,27). Von 69 R1-Resektionen war bei 22 (31,9%) der orale Absetzungsrand (ASR), bei 11 (15,9%) der aborale ASR, und bei 39 (56,5%) der tiefe ASR betroffen, wobei in 3 Fällen der Absetzungsrand an zwei Lokalisationen positiv war.
R1 ist signifikant assoziiert mit geringer Differenzierung (p=0,009), nicht-intestinalem Typ nach Laurén (p=0,004), höherem cT (p<0,001), cN (p=0,011), OP-Erweiterungen (p=0,001), höherem pT und pN (je p<0,001).
Die R1-Resektionsrate unterschied sich nicht signifikant zwischen primär resezierten (12,7%) und neoadjuvant therapierten (10,8%) Patienten (p=0,48), wobei Patienten mit neoadjuvanter CTx fortgeschrittenere Tumore aufwiesen (höheres cT, cN, pT, je p<0,001). Sowohl klinische (p=0,001) als auch histopathologische (p=0,015) Nonresponder wurden häufiger R1-reseziert.
Eine additive Therapie erfolgte bei 43 (62,3%) Patienten, überwiegend als Radio-CTx (78,6%), eine adjuvante Therapie bei 168 (31,8%) Patienten (p<0,001), meist als CTx (86,8%) (p<0,001).
Progression nach R1 (n=69) war mit 56,5% (n=39) deutlich häufiger als Rezidive nach R0 (n=530) mit 31,5% (n=167) (p<0,001) und trat früher auf (p=0,012). Progressionsmuster nach R1 (n=69) waren: 15 lokal (21,7%), 28 Fernmetastasen (40,6%), 15 Peritonealkarzinose (21,7%), 12 multifokal (17,4%). Rezidiv- und Progressionsmuster unterschieden sich nicht (je p>0,05).
Die R1-Kategorie war hoch signifikant mit einem schlechteren Gesamtüberleben (OS) assoziiert (R1 17,3 vs. R0 78,6 Monate median, p<0.001). Prognosefaktoren für R1-resezierte Patienten waren: pT (p=0,005), adäquate Lymphadenektomie ≥16 Lymphknoten (p=0,003) und Lymphknotenquotient (p=0,002).
Schlussfolgerung: Da R1-Resektionen überwiegend am tiefen ASR vorkommen, sind sie Ausdruck einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung und nicht von fehlender chirurgischer Radikalität. Trotz höherer Tumorstadien wiesen neoadjuvant therapierte Patienten keine erhöhte R1-Resektionsrate auf, bei Nonrespondern erfolgte die R1-Resektion häufiger. Da eine R1-Situation häufiger zu Fernmetastasierung als lokaler Progression führt, scheint eine postoperative systemische CTx sinnvoller als eine lokale Radio-CTx zu sein.