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Erythropoietin verzögert die dermale Reepithelialisierung und inhibiert die Gefäßreifung in einem neuen in vivo Modell der Hautwundheilung
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Veröffentlicht: | 16. April 2008 |
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Einleitung: In der Wundheilung ist die Apoptose ein essentieller und zeitlich fein abgestimmter Prozess, welcher zum Umbau von Granulations- und Narbengewebe benötigt wird. Aktuelle Untersuchungen konnten zeigen, dass Erythropoietin (EPO) ein pleiotropes Wirkprofil mit Zytoprotektion und Anti-Inflammation besitzt, aber auch anti-apoptotische Eigenschaften aufweist, welche den kutanen Wundheilungsprozess beeinträchtigen könnten. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, die Effekte von EPO auf die Hautregeneration zu untersuchen.
Material und Methoden: Im Modell der Hautwundheilung in der Rückenhautkammer an haarlosen SKH-1 Mäusen (Ketamin/Xylazin-Anästhesie 90/25mg/kg) wurde eine volle dermale Wunde präpariert. Die Tiere erhielten eine tägliche Gabe von EPO (5.000IU/kg; n=16) oder physiologischer Kochsalzlösung (12,5ml/kg; n=12). In zusätzlichen Experimenten wurde durch die Gabe des Pan-Caspase Inhibitors z-VAD (3,3 mg/kg; n=8) analysiert, inwieweit EPO alleinig über anti-apoptotische Effekte die Wundheilung beeinflusst. Mittels Lichtmikroskopie an den Tagen 3, 6, 9 und 12 nach Wundsetzung konnte die Epithelialisierung der Wunde planimetrisch ausgemessen werden. Die Neovaskularisation der sich regenerierenden Haut wurde mit Hilfe der intravitalen Fluoreszenzmikroskopie charakterisiert. An Tag 12 wurde die Rückenhautkammer für Histologie (H&E) und Histochemie (cleaved Caspase-3; TUNEL) asserviert und Blut für entsprechende Laborparameter entnommen. In vitro Assays gaben Aufschluss über den Einfluss von EPO auf die Migration und Proliferation von Fibroblasten und Keratinozyten.
Ergebnisse: Die Planimetrie der Wundfläche von Kontrolltieren zeigte eine kontinuierliche Reepithelialisierung mit einem ca. 50% Wundverschluss an Tag 6 sowie einer komplett verschlossenen Wunde an Tag 12 (100%). Während die EPO-Applikation in einer signifikanten Verzögerung der Reepithelialisierung (36±3%; 92±2%) resultierte, beobachteten wir auch nach Caspasen-Inhibition einen verzögerten Wundverschluss zu frühen (Tag 3-6), jedoch nicht zu späten Zeitpunkten (Tag 9-12). In neugebildeten zirkulär verlaufenden Gefäßen konnte in der epithelialen Zunge am vordersten Wundrand bei Kontrolltieren ein Reifungsprozess beobachtet werden, welcher durch eine Reduktion der Gefäßdurchmesser (Tag 3: 21±1µm; Tag 12: 16±1µm) und eine Verminderung der Gefäßdichte (131±4cm/cm2; 40±3cm/cm2) gekennzeichnet war. Im Gegensatz dazu blieb bei EPO-Behandlung die Gefäßreifung aus (21±1µm; 25±2µm). Zusätzlich war die Kapillardichte am Wundrand in der EPO- wie auch z-VAD-Gruppe gegenüber Kontrolltieren signifikant erhöht und die Blutfließgeschwindigkeit signifikant erniedrigt. Die Analyse der H&E-Wundhistologie wies eine signifikant erhöhte Zellularität sowohl in der EPO- als auch z-VAD-Gruppe auf, was auf eine persistierende provisorische Wundmatrix schließen lässt. Die Evaluation der Apoptose zeigte leicht reduzierte cleaved Caspase-3- bzw. TUNEL-positive Zellen in EPO- wie auch z-VAD-behandelten Wunden. In den in vitro Assays zeigte EPO keinen negativen Einfluss auf die Zellmigration und die Zellproliferation.
Schlussfolgerung: In einem neuen in vivo Modell der Hautwundheilung konnten wir erstmals zeigen, dass EPO die dermale Wundheilung und die Gefäßreifung in der regenerierenden Wunde signifikant verzögert. Die vergleichbaren Ergebnisse nach Caspasen-Inhibition deuten darauf hin, dass dies wesentlich auf die anti-apoptotische Wirkung von EPO zurückzuführen ist. Der Einsatz von EPO für die Hautregeneration sollte daher kritisch überdacht werden.