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Neoadjuvante Radio/Chemotherapie des lokal fortgeschrittenen, primär resektablen Adenokarzinom des Rektums (cT3N0-2M0). Die histologische Tumorregression ist ein unabhängiger Prognosefaktor
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Veröffentlicht: | 7. Oktober 2004 |
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Gliederung
Text
Einleitung
Bei cT4-Rektumkarzinomen wird eine neoadjuvante Radio-/Chemotherapie in den Behandlungsrichtlinien empfohlen. Der prognostische Vorteil einer Vorbehandlung des cT3-Karzinoms versus alleiniger total mesorektalen Exzision (TME) wird diskutiert. Wir haben eine monozentrische Phase-II-Studie durchgeführt, um die Praktikabilität, Tumoransprechrate, Morbidität und Lokalrezidivrate im Vergleich zu einem historischen Kontrollkollektiv zu evaluieren.
Material und Methoden
In der Zeit 9/97 bis 12/01 erfüllten 104 von 286 Patienten (Ptn.) die Studienkriterien (primäres Adenokarzinom 0-15 cm ab L. anocutanea, endosonografisch T3 oder im CT/NMR cT3, cM0, ≤75 J., WHO-Status ≤2). Es wurde eine perkutane Strahlentherapie (10-MeV-Photonen-3-Felder-Box, 45 Gy in 1,8 ED) mit kontinuierlicher CTX von 250 mg/m² 5-FU über 35 Tage durchgeführt. Die Resektion (bis 10 cm ab ano: TME) erfolgte im Abstand von 4 bis 6 Wochen. Die Ansprechrate wurde histopathologisch in Anlehnung an die Klassifikation von Mandard (Cancer 73: 2680, 1994) bestimmt. Die Morbidität und Rezidivrate wurde mit einem historischen Kontrollkollektiv (KK) (n=114 von 299; 1/88-8/97; gleiche Kriterien) ohne Vorbehandlung verglichen.38 /111 R0-Ptn. des Vergleichkollektives (34 %) erhielten eine adjuvante RTX mit 50,4 Gy.
Ergebnisse
80 Ptn. (77 %) erhielten die komplette Therapie. 90 % erhielten mehr als 50 % der CTX, bei einem Ptn. wurde die RTX bei 39 Gy abgebrochen. Die häufigsten Gründe für einen Abbruch der Chemotherapie waren in 44 % eine Mukositis/ Diarrhö (WHO ≥ 3), in 22% neurolgische Symptome und jeweils in 17 % eine Armvenenthrombose (Portkatheter),Dermatitis und Agina pectoris. Sechs Ptn. erhielten wegen einer manifesten koronaren Herzerkrankung keine Chemotherapie. Zwei Ptn. lehnten die Operation ab. R0-reseziert wurden 99 /102 (97 %). Zwei Ptn. hatten eine inzipiente Lebermetastasierung und einer wurden lokal R1 reseziert. Histologisch fand sich in 41 % ein Response (pCR: 14 %); subtotal (< 10 % vitale Tumorzellen): 28 %. Die R/CTX führte zu signifikant kleineren Tumoren hinsichtlich des Durchmesser des Primätumors von 3 cm (1-8) versus 4,5 cm (1,5-10)im KK. Ein Downstaging konnte nicht quantifiziert werden, da sich im KK bei 34 % der Ptn. ein Overstaging (pT1: 5%, pT2: 29%, pT3: 59 %, pT4: 7 %) durch den EUS zeigte. Nach der R/CTX wurde eine signifkant niedrigere nodale Metastasierungsrate (26 % vs 45 %) und Lymphangiosis-carcinomatosa-Rate (7 % vs 18 %), ebenso eine in der Tendenz niedrigere Rate an multiviszeralen Resektionen (3 % vs 10 %)beobachtet. Ebenso fand sich eine geringere Exstirpationsrate (distales Drittel: 69 % vs 93 %) bei einer gleichen chirurgischen Komplikationsrate (Resektion: 41 % vs 37 %; Exstirpation: 67 % vs 64 %). Signifikant weniger Ptn. hatten ein Lokalrezidive in der R/CTX Gruppe nach medianer Nachbeobachtungszeit von 36 Monaten im Vergleich zur KK (2 % vs 14 %). Die Rate an Fernmetastasen war mit 18 % versus 23 %(KK) nicht unterschiedlich. In der univariaten Coxanalyse zeigte sich ein signifikanter Vorteil hinsichtlich der lokalrezidivfreien Zeit und tendenziell der Gesamtüberlebenszeit für die Vorbehandlung. In der multivariaten Coxanalyse hinsichtlich der prognostischen Faktoren im R/CTX-Kollektiv war neben dem nodalen Status die histologische Tumorregression der einzige unabhängiger Faktor fürs rezidivfreie Überleben.
Schlussfolgerung
Die neoadjuvante R/CTX-Vorbehandlung über 5 Wochen des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms (u/cT3,M0) ist ein sicheres Behandlungsverfahren mit einer 41 %-igen histologischen Response-Rate, die zu einer signifikanten Tumorschrumpfung führt und bei gleicher chirurgischen Komplikationsrate eine höhere Sphinctererhaltungsrate im distalen Drittel erlaubt. Bei einer Lokalrezidivrate von insgesamt 2% kann im proximalen Rektumdrittel auf eine TME verzichtet werden. Kritisch muß der endoluminalen Ultraschall als Selektionsverfahrenwegen wegen der präoperativen Überstagingrate von 34 % der Ptn. diskutiert werden.