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Der ACS-Score zur Risikoabschätzung für die Ausbildung eines intra-abdominellen Kompartments bei Schwerbrandverletzten – Eine multizentrische Auswertung (TIRIFIC-Studie)
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Veröffentlicht: | 9. Januar 2018 |
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Einleitung: Aufgrund der stark erhöhten Sterblichkeit von Verbrennungspatienten bei Entwicklung eines intra-abdominellen Kompartmentsyndroms (ACS) mit Darmnekrosen und Notwendigkeit einer Laparotomie ist die Prävention des ACS entscheidend. Als Risikofaktoren konnten in bisherigen klinischen Studien mit gemischtem Patientengut die Volumentherapie sowie eine invasive Beatmung und weitere Parameter identifiziert werden. Bei Verbrennungspatienten ist die Volumengabe jedoch in der Initialphase ein zentraler Bestandteil der Therapie, sodass der Vermeidung weiterer Risikofaktoren eine wichtige Rolle zukommt. Hierzu ist eine Untersuchung möglicher Risikofaktoren unabhängig vom Verbrennungsausmaß notwendig.
Methodik: Die Studie wurde multizentrisch in insgesamt 4 Verbrennungszentren unter Beteiligung der BG Unfallklinik Ludwigshafen, BG Klinik Bergmannstrost Halle, BG Klinik Bergmannsheil Bochum und der BG Unfallklinik Berlin durchgeführt. Hierzu erfolgte eine retrospektive Auswertung von 38 Patienten mit ACS sowie einer Kontrollgruppe als Matched-Pair-Analyse. In der Gruppe der ACS-Patienten diente die Laparotomie mit klinisch gesichertem ACS als Einschlusskriterium und Endpunkt. Die Kontrollgruppe wurde nach Verbrennungsausmaß, Alter und invasiver Beatmung gematched und über den gleichen Behandlungszeitraum wie der zugeordnete Indexpatient ausgewertet. Analysiert wurden die Parameter Volumengabe und Bilanz mit Kolloid-Anteil einschließlich Transfusionsprodukten, die maximalen und mittleren Beatmungsdrücke, Therapie mit Katecholaminen und Prokinetika sowie verschiedene Laborparameter wie maximaler Laktatwert, minimaler und mittlerer Albuminwert und Hämoglobingehalt. ACS- und Kontrollgruppe wurden statistisch mittels Mann-Whitney-U-Test auf signifikante Unterschiede der einzelnen Parameter getestet.
Ergebnis: Die Mortalität der ACS-Patienten lag bei 84% im Vergleich zur Kontrollgruppe mit 32% bei gleichem Verbrennungsausmaß. Auffällig waren weiterhin die Verteilungsbreite von VKOF (10–92%) und Zeitpunkt des Kompartments (1. bis 55. Tag nach Trauma) bei den ACS-Patienten. Die absolute Volumengabe war in beiden Gruppen gleich bei signifikant erhöhter Bilanzierung der ACS-Patienten. Insbesondere der maximale und mittlere Spitzendruck lag in der ACS-Gruppe signifikant über den Werten der Kontrollgruppe sowie auch bei den maximalen und durchschnittlichen PEEP-Niveaus.
Zusammenfassung: Die Analyse möglicher Risikofaktoren unabhängig von Verbrennungsausmaß und Alter zeigten einen deutlichen Einfluss der invasiven Beatmung im Sinne einer zusätzlichen Druckbelastung des abdominellen Kompartiments sowie gleichzeitig als Ausdruck einer zunehmenden pulmonalen Dysfunktion. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde ein vorläufiger Score zur Einschätzung des aktuellen Risikos eines Patienten für die Entwicklung eines ACS erarbeitet. Hierdurch soll eine gezielte Surveillance bei erhöhtem Risikoprofil eines Patienten ermöglicht werden.